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Kontrollverlust fällt unterschiedlich aus

Wie oft und wie intensiv jemand die Kontrolle über seine Gefühle verliert, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Heinz-Peter Röhr benennt Ausnahmen: „Es gibt sie, Individuen, die eigentlich nie die Kontrolle über ihre Gefühle verlieren. Was auch geschieht, sie bleiben ruhig und überlegt.“ Das kann sogar bei anderen zu verstärktem Ärger führen, wen sie es nicht ertragen können, dass jemand trotz der offensichtlich aufregenden Situation teilnahmslos bleibt. Wenig oder keine Gefühlsregung zu zeigen, stört fast immer die soziale Kommunikation, die auch über den Austausch von Gefühlen stattfindet. Wer in einem Gespräch nicht „mitschwingt“, Gefühle unterdrückt oder nicht erkennen lässt, wird schnell langweilig. Heinz-Peter Röhr ist Pädagoge und war über dreißig Jahre lang in der Fachklinik Fredeburg/Sauerland für Suchtmittelabhängige psychotherapeutisch tätig.

Starke Gefühle entstehen im Limbischen System

Das Gegenüber hat das Gefühl, keinen Kontakt zu haben, da etwas Entscheidendes fehlt. Wer hingegen in südeuropäischen Ländern Menschen beobachtet, die freundschaftlich miteinander in Kontakt sind, erkennt leicht, dass nicht nur das gesprochene Wort eine Bedeutung hat. Mindestens gleichwertig, wenn nicht bedeutender sind Gestik, Mimik und Intonation. Für kühle Nordländer scheint alles übertrieben, überschwänglich und besonders gefühlsbetont. Mit Sicherheit spüren einige auch Neid, wenn sie so viel Temperament erleben.

Viel mehr als den meisten Menschen bewusst ist, können Kontrollverluste das Leben negativ beeinträchtigen. So wie es Personen gibt, die fast nie die Kontrolle über ihre Gefühle verlieren, gibt es andere, die sehr häufig hierdurch in Schwierigkeiten geraten. Der Ort, an dem starke Gefühle angesiedelt sind, ist das sogenannte Limbische System. Zentral sind hier die Amygdala und die darum herum liegenden Nervenbahnen und Schaltkreise zu nennen. Sie machend das emotionale Gehirn des Menschen aus.

Bei starken Gefühlen tritt das logische Denken in den Hintergrund

Heinz-Peter Röhr erläutert: „Manchmal hat uns das Limbische System im Griff, etwa bei starker Freude, in der Verliebtheit oder wenn wir sonst wie Rauschhaftes erleben. Aber auch bei starkem Ärger oder Hass.“ Mit etwas Abstand betrachtet würde man erkennen, dass in dieser Situation das logische Denken in den Hintergrund tritt. Man ist beispielsweise für Argumente nicht zugänglich. Eventuell ist auch ein zeitlicher Abstand wichtig, damit der Blick für die gesamte Situation realistischer wird.

Vor einer wichtigen Entscheidung erst eine Nacht zu schlafen ist in vielen Fällen eine weise Maßnahme. Im Falle des Kontrollverlustes ist jedenfalls der Neokortex als rationale Instanz ziemlich ausgeschaltet. Im Limbischen System findet sozusagen eine Überschwemmung statt und seine Gefühle haben einen Menschen im Griff. „Amygdala Highjacking“ nennt der bekannte amerikanische Autor David Goleman diesen Zustand. Hier hat Radikales stattgefunden. „Highjacking“ bedeutet Entführung, völlige Inbesitznahme, Kidnapping. Damit wollte er einen Zustand beschreiben, der bei einem emotionalen Kontrollverlust entsteht. Quelle: „Vom klugen Umgang mit Gefühlen“ von Heinz-Peter Röhr

Von Hans Klumbies

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